Klinischer Überblick über vererbte Polyposis-Syndrome

1. Warum Polyposis-Syndrome wichtiger sind als „nur Polypen“

Kolorektale Polypen kommen häufig vor, aber vererbte Polyposis-Syndrome (IPS) verhalten sich ganz anders als die sporadischen Adenome, die bei routinemäßiger Koloskopie gefunden werden. IPS-Bedingungen sind:

  • Genetisch bedingt– normalerweise autosomal-dominante oder rezessive Genmutationen, die sich über Familien erstrecken.
  • Hohe Penetranz gegen Krebs—Das lebenslange Risiko für Darmkrebs (CRC) liegt ohne Überwachung zwischen 40 % und nahezu 100 %.
  • Oft multiorganisch– Viele Syndrome erhöhen das Risiko für Magen-, Zwölffingerdarm-, Bauchspeicheldrüsen-, Schilddrüsen-, Brust- oder Gebärmutterkrebs.
  • Umsetzbar– Durch frühe Gentests, koloskopische Überwachung, Chemoprävention oder prophylaktische Chirurgie können Ärzte CRC-bedingte Todesfälle praktisch verhindern.

In den aktuellen NCCN 2024-Richtlinien sind mindestens acht genau definierte IPS-Entitäten sowie gezackte Polyposis mit teilweise unbekannter Vererbung aufgeführt.

2. Das genetische und pathologische Spektrum von IPS

Syndrom (Gen) Typischer Polypentyp und -anzahl Lebenslanges CRC-Risiko Wichtige extraintestinale Risiken
FAP / AFAP (APC) Hunderttausende Adenome (AFAP < 100) ≈ 100 % (FAP); 69 % (AFAP) Zwölffingerdarm, Desmoid, Schilddrüse, Hepatoblastom
MUTYH-assoziierte Polyposis (MUTYH, rezessiv) 10–100 gemischte Adenome 43–80 % im Alter von 60 Jahren Zwölffingerdarm, Eierstock, Blase 
Peutz-Jeghers (STK11) Hamartomatöse Polypen, 10–30 39 % Bauchspeicheldrüse, Brust, Eierstock, Gebärmutterhals
Juvenile Polyposis (SMAD4 / BMPR1A) ≥5 jugendliche Polypen 38–50 %  Magenkrebs, AVMs (SMAD4)
PTEN-Hamartom (Cowden) (PTEN) Gemischte Hamartome 9–16 % Schilddrüse, Brust, Endometrium
Polymerase-Korrekturlesen – assoziierte Polyposis (PPAP) (POLE / POLD1) Oligoadenome, sitzend gesägt ≥60 %* Endometrium, Gehirn 
NTHL1-assoziierte Polyposis (rezessiv) 10–100 Adenome Unbekannt, wahrscheinlich hoch Brust, Endometrium
Serrated Polyposis (RNF43-Varianten in 20 gezackte Läsionen 25–70 % Rauchbedingte Lunge in kleinen Studien

*Daten stammen von betroffenen Verwandten; Die Penetranz wird noch verfeinert.

3. Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP): Der Prototyp

  • Gen / Vererbung:APC, autosomal-dominant.
  • Phänotyp:Die klassische FAP manifestiert sich im Kindesalter mit Hunderten bis Tausenden kolorektalen Adenomen; attenuiertes FAP (AFAP) kann 5 mm). Obwohl viele Fälle scheinbar sporadisch auftreten, treten bei etwa 10 % Keimbahn-RNF43- oder Gen-Panel-Befunde auf. Das Darmkrebsrisiko erreicht ohne Überwachung 70 %; Die koloskopische Entfernung alle 1 Jahr ist die wichtigste Maßnahme.

    9. New-Era-Syndrome: PPAP und NTHL1

    9.1 Polymerase-Korrekturlesen – assoziierte Polyposis (PPAP)

    POLE- und POLD1-Exonukleasedomänenmutationen beeinträchtigen das DNA-Korrekturlesen und verursachen hypermutierte, mikrosatellitenstabile Krebsarten. Endometrium, Gehirn und CRC können sich vor dem 30. Lebensjahr manifestieren.

    Management:Jährliche Koloskopie ab dem 14. Lebensjahr und transvaginale Ultraschalluntersuchung oder Biopsie des Endometriums bis zum 25. Lebensjahr.

    9.2 NTHL1-assoziierte Polyposis (NAP)

    Biallelische NTHL1-Mutationen führen zu adenomatöser Polyposis gemischten Typs mit Darmkrebs, Brust- und Endometriumkrebs. Veröffentlichte Familien berichten von 10–100 Polypen und dem Auftreten von Darmkrebs in den 40er Jahren.

    Die Richtlinien spiegeln die MUTYH-Zeitpläne wider, bis weitere Penetranzdaten anfallen.

    10. Gentests und Beratung: Erste Schritte zur Prävention

    1. Wen testen?Jeder, der die NCCN-Kriterien für „adenomatöse Polyposis“ erfüllt, sowie Verwandte von mutationspositiven Patienten.
    2. Testtyp:Sequenzierungspanels der nächsten Generation, einschließlich APC, MUTYH, STK11, BMPR1A, SMAD4, PTEN, POLE, POLD1, NTHL1, RNF43.
    3. Kaskadentest:Positive Verwandte ersten Grades erfordern eine maßgeschneiderte Überwachung. Negative Verwandte können häufig zum Screening mit durchschnittlichem Risiko zurückkehren.
    4. Varianteninterpretation:Verwenden Sie die ACMG-Richtlinien. unsichere Varianten verdienen eine regelmäßige Überprüfung.

    11. Überwachungsalgorithmen im Überblick

    Die Häufigkeit der Koloskopie hängt von der Polypenbelastung ab: jährlich bei dichten Feldern, alle zwei Jahre bei 1000 Polypen oder rektaler Beteiligung kurativ; Eine subtotale Kolektomie kann bei AFAP oder MAP ausreichend sein. Zeitbilanzen:

    • Verlauf des Krebsrisikos – Zwölffingerdarmpolypen im Stadium IV nach Spigelman können eine bauchspeicheldrüsenschonende Duodenektomie auslösen.
    • Lebensqualität – Beutelfunktion, Desmoidneigung, psychosoziale Auswirkungen.

    Eine multidisziplinäre Diskussion ist von entscheidender Bedeutung.

    13. Neue und zukünftige Therapien

    • Immun-Checkpoint-Inhibitoren haben trotz MSI-Stabilität dauerhafte Reaktionen in POLE-mutierten Tumoren hervorgerufen.
    • mTOR-Inhibitoren für das PTEN-Hamartom-Syndrom in Studien.
    • RNA-basierte APC-Read-Through-Agenten zielen darauf ab, die Kolektomie bei FAP hinauszuzögern.
    • Eine fortgesetzte Teilnahme am Register beschleunigt den Nachweis seltener Genotypen.

    14. Psychosoziale und Lebensstilüberlegungen

    • Psychische Belastung– Angst vor Krebs, Bedenken hinsichtlich des Körperbildes nach der Operation; Eine frühzeitige Überweisung an eine Beratung verbessert die Therapietreue.
    • Ernährung und Bewegung– Eine ballaststoffreiche Ernährung mit wenig verarbeitetem Fleisch und eine wöchentliche Aktivität von ≥ 150 Minuten korrelieren in Beobachtungsdaten mit einem geringeren Polypenwachstum.
    • Familienplanung—Gentests vor der Implantation ermöglichen eine mutationsfreie Embryoselektion bei autosomal-dominanten Syndromen.

    15. Wichtige Erkenntnisse für vielbeschäftigte Kliniker

    1. Denken Sie an die Genetik, wenn Sie mehrere Polypen, junges Darmkrebs oder auffällige extraintestinale Anzeichen sehen.
    2. Paneltests schlagen Einzelgentests; Eine Neuklassifizierung der Variante kann das Management verändern.
    3. Überwachung rettet Leben – jährliche Koloskopie oder prophylaktische Operation lassen die CRC-Mortenrate in IPS-Kohorten gegen Null sinken.
    4. Extra-GI-Krebserkrankungen kommen häufig vor; Beziehen Sie bei Bedarf Brust-, Schilddrüsen-, Bauchspeicheldrüsen- und Gebärmutteruntersuchungen ein.
    5. Kaskadentests sind eine kostengünstige Krebsprävention für die ganze Familie.

    Vererbte Polyposis-Syndrome kommen in geringer Zahl vor, haben aber enorme Auswirkungen; Durch die Entdeckung von Genen, maßgeschneiderte Überwachung und proaktive Chirurgie verwandeln sie möglicherweise stille, früh auftretende bösartige Erkrankungen in vermeidbare Krankheiten. Das Erkennen des Musters – und das Handeln danach – schützt nicht nur den Patienten vor Ihnen, sondern jede zukünftige Generation, die ihre DNA teilt.